Der Geschäftsmann 2.0 ist selber auch ein Homo Coniunctus. Er – sprich ich – sprich wir, die vernetzten Menschen nehmen die Welt folgendermassen wahr:
- Freiheit: Die Grundlagen unserer Freiheit basierten bisher auf etablierten institutionellen Strukturen. Doch auf den Staat können wir uns nicht mehr verlassen. Freiheit bedeutet für uns nicht mehr die Freiheit der Wahl oder Individualität. Freiheit bedeutet heutzutage vielmehr Autonomie. Wenn wir die Möglichkeit haben, dann machen wir uns überall wo es geht unabhängig. Zukünftig erfolgreiche Firmen bieten hierzu Hand.
- Familie: Wir wollen in dieser komplexen und weniger sicheren Welt einen Ort der Wärme, Ruhe und Geborgenheit schaffen. Dafür gründen wir eine Familie. Wer es zu einer eigenen Familie bringt, der demonstriert Optimismus, Flexibilität, Selbstsicherheit und Belastungsfähigkeit. Familie beisst sich nicht mit dem sonstigem Streben nach Unabhängigkeit. Betriebe sollten Ihre Stakes bei der Verwirklichung dieses Lebenstraums unterstützen.
- Gesundheit: Wir wollen heute und bis ans Ende unseres Lebens fit bleiben. Krankheit ist für uns keine Option. Wir haben begonnen, dem maroden Gesundheitssystem zu misstrauen. Deshalb zeigen wir selbst Initiative: Wir schauen zuerst bei Google nach, erst danach gehen wir zum Arzt. Bei den Communities im Web finden wir Diagnose und therapieren uns selbst mit der Unterstützung unserer Peers. Gesundheit wird zu unserem eigenen (Dauer-) Projekt. Vorbei mit dem Gott in Weiss, der Arzt, einst eine unserer wichtigsten Autoritäten, ist nur noch ein Teil unseres Projektteams.
- Gemeinschaft: In der Netzwerkgesellschaft ist die selbst gewählte Gemeinschaft unser virtuelles Zuhause. Die traditionellen Strukturen sind nicht mehr der Platz, wo wir nach Geborgenheit und Sicherheit suchen. Communities sind die heutige Gemeinschaftsform, welche uns Gleichgesinnten ebenfalls die notwendige Flexibilität und Unabhängigkeit ermöglichen. Es sind Zufluchtsorte und Freundesplätze. Einerseits garantieren Sie Anerkennung, Bestätigung und Zugehörigkeit, andererseits ist die Mechanik eine Unverbindliche. Unternehmen kommen in den Zwang, selber Gemeinschaften (Partnerschaften) vorzuleben und tun gut daran Communities zu stärken, sei es im Netz oder in der realen Welt.
- Sicherheit: Wir haben den Glauben in Politik und Institutionen verloren. Sie sind nicht mehr der Garant dafür, dass wir durch sie eine sichere Zukunft haben werden, in der Gegenwart schaffen es die Politiker und Institutionen ja auch nicht. Das Vertrauen in persönliche Beziehungen ist uns wichtiger geworden als das Vertrauen in Personen des öffentlichen Lebens. Immer wie mehr von uns sind gezwungen, doppelgleisig zu fahren. A.) Arbeiten wir, weil wir uns auf uns selbst verlassen müssen und wir unser Leben soweit wie sinnvoll und möglich optimeren wollen. B.) Suchen wir in den Communities Gleichgesinnte, mit welchen wir unsere Überzeugungen und Werte teilen können, damit wir in dieser Welt auch Rückhalt finden. Firmen tun gut daran, dieses Streben zu unterstützen und müssen alles daran setzen Vertrauen aufzubauen.
- Erfolg: Glück ist der neue immaterielle Erfolg. Profitmaximierung ist nicht mehr die absolute Zielgrösse. Geld und Glück schliessen sich nicht mehr aus, wir wollen beides. Unternehmen werden zukünftig nicht mehr nur am Gewinn gemessen, neu werden auch soziale und Umwelt-Ziele eine Rolle spielen. Die Firmen tun gut daran, wenn diese sich schon selbst so ausrichten. Denn lediglich die Firmen, welche Ihre Verantwortung bei Social-Impacts und Environmental Responsibility vorleben, werden Gewinne machen (Sonst haben Sie keine Kunden oder keine Mitarbeiter mehr, oder Beides).
- Anerkennung: Hierarchien und Titel liefern uns immer wie weniger die von uns ersehnte Wertschätzung. Anerkennung ist das begehrte Gut der Netzwerkgesellschaft und der Netzwerkökonomie. Es ist die Anerkennung, die uns anspornt uns zu besseren Leistungen motiviert und uns die nötigen stabilen Beziehungen schafft. Unternehmen zwingt das zum kompletten Wandel. Alle Anspruchsgruppen, seien es Kunden, Mitarbeiter oder Aktionäre müssen von den Firmen als Partner auf gleicher Augenhöhe wahrgenommen werden und das gelingt nur, wenn die Firma die gemeinsamen Werte vorlebt, denn sonst ist Anerkennung gar nicht möglich.
- Gerechtigkeit: Wir haben erkannt, dass nicht alle die gleichen Chancen haben und dass “guter Lohn für gute Leistung” nicht immer stimmt. Jeder von uns erlebt, dass die Verteilung des Wohlstands, wie auch die Bildungsmöglichkeiten anderen Mechanismen folgt. Wir haben uns mit dieser Ohnmacht arrangiert, indem wir unsere eigene Gerechtigkeitsbalance in unserem Umfeld etablieren. Firmen müssen sich für die Schaffung einer gerechteren Gesellschaft einsetzen, wenn die Unternehmen bei Ihren Anspruchsgruppen glaubwürdig bleiben wollen.
- Natur: Wir sehnen uns nach dem Natürlichen, dem Wahren. Wir wünschen uns einen nachhaltigen Lebensstil, ohne Raubbau an Ressourcen. Wir sorgen uns um die Zukunft unseres Planeten. Unternehmen müssen der Herausforderung begegnen, alle unsere drei Bedürfnisbereiche zu bedienen: Sehnsucht, Wunsch und Sorgetragen.
- Einfachheit: Wir möchten unsere Aufgaben vereinfachen und wir nutzen dazu interaktive Medien. Wir können nur durch ein ausgeklügeltes Komplexitätsmanagement zur persönlichen Einfachheit finden, welche wir als Entscheidungsgrundlage benötigen. Unternehmen müssen uns dabei helfen, sei es bei Ihrem Angebot, bei Ihren Produkten oder bei deren Organisation. Damit so eine Hilfe überhaupt möglich ist und akzeptiert wird, braucht es Vertrauen untereinander. Dieses Vertrauen ist von den Firmen aufzubauen und zu hegen und zu pflegen!
- Ehrlichkeit: Ehrlichkeit ist eine Seltenheit geworden. Wir durchschauen die geschliffenen Kampagnen und Kommunikationsstrategien der Verkäufer. Inzwischen wissen wir auch, dass es in dieser immer wie komplexeren Welt nicht mehr nur eine einzige Wahrheit gibt. Missstände kommen in dieser vernetzten Welt zwangsläufig ans Tageslicht, wir wachen inzwischen ständig über die Firmen und Institutionen. Die Sache läuft umgekehrt: Wir sind nicht so sehr daran, den gläsernen Konsumenten oder Bürger zu erhalten, sondern vielmehr die gläserne Institution und Unternehmung! Firmen und Institutionen können durch Authentizität viel gewinnen: Eigene Haltung/Meinung haben, diese einnehmen und vertreten, das erwarten wir auch von Unternehmen.
- Transparenz: In der Netzwerkgesellschaft ist Information und Wissen das Öl der Gesellschaft, es ist Brennstoff und Schmiermittel zugleich. Jeder von uns will mehr wissen (beachte die Kleinschreibung): Wir wollen mehr Einfluss, mehr Kontrolle, sprich will wollen von den Firmen und Institutionen mehr Transparenz. Das Internet wird das Instrument, mit welchem wir das erreichen werden. Wirtschaft und Politik werden keine andere Chancen mehr haben, als Ihre Tätigkeiten offen zu legen, es erwartet aber keiner, dass Alles frei zugänglich zu sein hat.
Frei adaptiert aus eigenen Betrachtungen und verarbeitet in der Struktur und mit Inhalten des Werte-Index 2012 (Wippermann/Krüger)